Frankfurt am Main, 30.1.2019 - Kaum ist der heimische Christbaum (oder auch der im Laden) abgeschmückt und entsorgt, geht’s auch schon wieder auf zu den ersten Konsumgütermessen des Jahres. Christmasworld, Paperworld und die von vielen Besuchern sehr geschätzte Creativeworld gehören heuer mit insgesamt 87.000 Besuchern aus 161 Ländern (Zahlen der Messe Frankfurt) sicherlich zu den bedeutendsten Frühjahrsmessen. Gut 3.100 Aussteller aus 68 Ländern, darunter lediglich noch 17% aus Deutschland, bestücken die drei Veranstaltungen.
Dabei schiebt sich die Messe rund um’s festliche Weihnachten und saisonale Dekoration in ihrer Bedeutung und Wertschätzung weiter nach vorne. In diesem Jahr kommt erstmals die neue Halle 12 mit zwei Ebenen bei der Infrastruktur der Christmasworld ins Spiel. Dazu die Hallen 8, 9 und 11 sowie die übersichtliche Floradecora in der Galleria. Der Trend zu Spezial Shows zeigt sich auch bei der Christmasworld: die findigen niederländischen Designer von 2dezign präsentieren mit dem „Kinemona Village“ eine traditionelle Weihnachtswelt in Safrantönen - ein wenig Sonne in der trüben Jahreszeit zaubert vielen Besuchern ein Lächeln auf’s Gesicht.
Trendshows des Frankfurter Stilbüro bora.herke.palmisano zeigen vier unterschiedliche Weihnachts- bzw. Dekowelten und bieten in ihren „Trend Talks“ auch gleich eine mehr oder weniger philosophisch-überhöhte Interpretation ihrer Inszenierungen an. Aber das gehört natürlich auch zum Spiel - und den Besuchern bleibt es letztlich überlassen, ob und wie sie den Transfer im Kopf und zu ihren eigenen Verkaufsflächen gestalten.
Spannend auch die Inspirationsmöglichkeiten für die Grossfläche, Shopping Center oder ganze Innenstädte. Hier denken die Verantwortlichen der Frankfurter Messe deutlich weiter, als bis zum nächsten Tannenwäldchen. Natürlich gibt es auch auf der Christmasworld Fachvorträge und das Megathema „Verbinden von stationärem Handel und E-Commerce“ ist allenthalben präsent.
Die Paperworld spielt im Messetrio mit 1668 Ausstellern aus 64 Ländern eine besondere Rolle. Allerdings scheint der Lauf vieler Messebesucher gerade hier etwas zu „quietschen“: Die Halle 6.1 - bislang Heimat der eher designorientierten Aussteller und solchen mit hochwertigem Sortiment, darunter viele aus Deutschland, Europa und den USA - wird saniert und steht dem Messebetrieb folglich nicht zur Verfügung. „Halb verschluckt“ wird auch die traditionelle Trend-Sondershow - bislang im Übergangsdreieck zwischen der Via Mobile und den Hallen 5.1 und 6.1 angesiedelt (und nun Teil der 3.1). Viele der hiesigen Aussteller finden sich nun ebenfalls in der Hallenebene 3.1 wieder - was der Standstruktur und -qualität nicht unbedingt frömmen muss.
Als Besucher und im Gespräch mit Ausstellern und Fachpublikum spiegelt sich dieser Eindruck wieder: viele Stände wirken in der imposanten Halle 3.1 fast etwas verloren, andere scheinen sich eher etwas zu „muskulös“ zu präsentieren. Vielleicht rührt auch daher der Eindruck, dass die Dichte der Fachbesucher in den Gängen wie auf den Ständen häufig sehr übersichtlich ist - lange Gesichter bei gelangweilten Ausstellern eingeschlossen. Allerdings sieht es in der Halle 5.1 - hier überwiegend asiatische Aussteller mit OEM-Verbrauchsmaterialien für Drucker & Co. - der „Remanexpo“ auch nicht wirklich besser aus.
Richtig verstanden, auch der Paperworld merken die Besucher an, dass neben den reinen Standpräsentationen auch die Konzeption des Rahmenprogramms grosse Aufmerksamkeit erfährt - gerade dem kleinen und mittelständischen Fachhandel wird hier - soweit die Offenheit vorhanden ist - echter Mehrwert auf dem Messerundgang geboten, zumal die Ausstellung in der Hallenebene 3.0 schon deutliche Anleihen bei der Kölner Fachmesse „Orgatec“ nimmt - nicht zu vergessen die Sonderschau „Lernen der Zukunft“ in 4.0 - hier werden Messeformate wie die „Didacta“ oder die „Learntec“ adressiert.
Last but not least - die Creativeworld, mit 362 Ausstellern aus 44 Ländern zwar die kleinste Teilmesse - allerdings mit dem weiter wachsenden Handelssegment DIY, Malen, Zeichnen, Basteln und Gestalten. Händler können sich auch hier durch sehr praxistaugliche Veranstaltungen wie das „Urban Art Lab“, das „Fachhandelskonzept 4.0 - Upgrade your Store“ oder die „Creativeworld Trends 2019/20“ inspirieren lassen und direkt umsetzbare Anregungen und Präsentationskonzepte mit nach Hause nehmen. Und wer von Ihnen gelegentlich in diesem Handelssegment unterwegs ist, weiss auch, dass diese Karte von zahlreichen Händlern gezogen werden sollte.
Was bleibt also nach den vier bzw. fünf Messetagen? Auf der einen Seite sicherlich die Erfahrung, dass die Frankfurter Messemacher sich bemühen, ihre klassische Besucherklientel aus dem immer noch weitgehend mittelständisch geprägten Fachhandel einzusammeln und durch neue Ideen zu inspirieren, auf der anderen Seite aber auch der Versuch, sich enger mit den politisch Verantwortlichen für die Gestaltung der Innenstädte zu verzahnen, denn deren Bedeutung und Zukunft erscheinen in vergleichsweise rosigen Farben - allerdings wird nach Einschätzung vieler Experten (wie z.B. kürzlich der Münchner CIMA) der Einzelhandel in seiner jetzigen Form zu dieser Farbpalette immer weniger beitragen.
Bleibt die nicht zum ersten Mal geäusserte Anregung, die innovationsfreudigen Händler Frankfurts (oder auch der Region) anlässlich der Konsumgütermessen wie den besprochenen oder der bevorstehenden Ambiente, stärker mit ins Messegeschehen einzubeziehen - bei der Heimtextil hat das jahrelang mit dem Konzept „…goes City“ gut funktioniert. Aber vielleicht steht dem ja auch eine geänderte Motivationslage der Händler angesichts knapper werdender Ressourcen und zurückgehender Margen gegenüber?
Auffallend auch die weiter zurückgehende Bedeutung heimischer Aussteller. Liegt es an den Ausstellungskosten, die auch bei überschaubaren Standgrössen schnell mal den Einsatz höherer fünfstelliger Summen erfordern oder umgekehrt an den Export- und Messesubventionen, die gerade bei unserem bedeutendsten fernöstlichen Handelspartner anscheinend sehr grosszügig ausgereicht werden? Und wie schaut es mit der auch nicht gerade neuen Idee einer kuratierten Messe bzw. Messeteils aus? Auch hier gäbe es genügend potentielle Schwerpunkte - nicht nur, aber natürlich auch rund ums Thema Design.