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Update: Amazon Go - Supermarkt ohne Kassen

20161211 Amazon Go

Quelle: Video-Still des Trailers zu Amazon Go 


Seattle, 10.4.2017 - Vor ein paar Tagen berichtete das Wall Street Journal über technische Probleme im „Supermarkt der Zukunft“, einem Pilotprojekt von Amazon in Seattle.

Clou von Amazon Go soll das kassiererlose Einkaufen und Auschecken sein. Dabei überwachen Kameras und Sensoren, welche Waren die Kunden einkaufen und letztlich mitnehmen. Fast unnötig zu erwähnen, dass parallel hierzu eine ganze Menge an Big Data- und Deep Learning-Prozessen ablaufen. 

Insider berichten jedoch über ein aktuelles Problem - mehr als 20 Leute dürfen sich nicht gleichzeitig im Laden aufhalten oder sollten sich sehr langsam bewegen. Amazon verschiebt die ursprünglich zum zweiten Quartal geplante Eröffnung jetzt auf unbestimmte Zeit. Schon jetzt scheint klar zu sein: mit nurmehr drei Supermarktbeschäftigten (wie ursprünglich geplant) lässt sich die neue Technologie auch künftig wohl nicht betreiben.

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Seattle, 11.12.2016 - Viele von Ihnen kennen die Selbstscan-Kassen in den IKEA-Möbelhäusern - häufig eine gute Idee, um sich die Warterei in den Kassenschlangen zu ersparen. Sie kramen also den Scancode von „Tröndby“, „Naxen“ oder „Tjurf“ irgendwie so hervor, dass Sie ihn mit dem 3D-Handscanner, der an einem viel zu kurzen aber umso störrischeren Kabel an der Zahlstation fixiert ist, abscannen können. 

Naja, so richtig flüssig geht das alles nicht, und ein kleines Bachelorstudium muss man auch schon absolviert haben, bevor der erste erfolgreiche IKEA-Self-Checkout mittels beschriebenem Scan und anschliessendem Zahlvorgang mit EC-Karte und Unterschrift funktioniert.

Wieviel einfacher wäre es doch, wenn Sie sich diesen ganzen aufwendigen Vorgang sparen und einfach mit den Waren, die Sie haben möchten, aus dem Laden spazieren könnten - keine Kasse, weder traditionell noch à la IKEA?

Amazon, unsere Freunde und Förderer der Künstlichen Intelligenz aus Seattle/Washington, haben sich das wohl auch gedacht und sogleich eine (fast) marktfähige Lösung vorgestellt: Amazon Go - der Supermarkt ohne Kassen.

Vier Jahre lang habe man in Seattle an Idee und Lösung des bargeldlosen Einkaufs per Smartphone, Amazon-Konto und spezieller -App „gebastelt“ - und jetzt die Beta-Version eines Amazon Go-Supermarkts eröffnet - vorerst nur für Amazon-Mitarbeiter - ab Frühjahr 2017 dann für alle Interessenten.

Und das Einkaufen ist wirklich verblüffend einfach: Amazon Go-App auf dem Smartphone öffnen (die muss vorab natürlich mit Ihren Amazon-Zugangsdaten „gefüttert“ werden), an der Eingangsschranke damit einchecken. Die App weiss nun, dass Sie mit Ihrem Einkauf beginnen. Nun kaufen Sie ein, wie Sie halt im Supermarkt einkaufen, legen Waren zurück, nehmen stattdessen neue usw. usw. Sie packen alles gleich in Ihre Einkaufstasche, Ihren Rucksack oder was immer Sie auch an Behältnissen dabei haben und gehen schliesslich einfach wieder aus dem Amazon Go-Supermarkt hinaus - fertig. Der Einkaufsbetrag wird Ihrem Amazon-Konto belastet.

Laut Branchendienst Business-Insider plant Amazon in den kommenden zehn Jahren allein in den USA, rund 2.000 dieser Supermärkte zu eröffnen, wobei noch unklar ist, ob alle vom Amazon Go-Typ sein werden. Kein Wunder, der Lebensmitteleinzelhandel in den USA gibt immerhin um die 800 Milliarden Dollar Umsatzpotential pro Jahr her (2015).

Der Einsatz geballter Künstlicher Intelligenz oder Artificial Intelligence (AI) machen die bargeldlose Shopping-Tour erst möglich. Hier setzt auch die Kritik von Datenschützern an: Jeder Griff zu einem Produkt im Regal wird von der Amazon Go-App registriert; der entsprechende Betrag erscheint sofort digital in der Anwendung - ebenfalls wird er beim Zurücklegen der Ware wieder entfernt - Amazon spricht von „virtual cart“, also einem virtuellen Einkaufswagen.

Kann das mit rechten Dingen zugehen?

Ja, sofern die komplette Vermessung der menschlichen Bewegungsabläufe während des Einkaufens als rechtens erachtet wird. Faszinierend und beängstigend zugleich.

Die Kollegen Bastian Brauns und Veronika Völlinger von ZEIT ONLINE am 6.12.2016 dazu:

„Amazon hält sich mit Details bedeckt und spricht eher nebulös von seiner Shopping-Technologie, von Computer Fusion , Deep Learning Algorithms und Sensor Fusion. Was die Schlagwörter bedeuten, erklärt der Konzern nicht. Für die Kunden bedeutet das: Sie werden nicht nur digital erfasst, sondern auch analog komplett vermessen. Details zur Technik, die Amazon in seinem Supermarkt zum Einsatz bringen könnte, lassen sich beim Technologiemagazin Recode finden. Vor etwa einem Jahr veröffentlichte Recode einen Patentantrag von Amazon, in dem das Unternehmen detailliert auflistet, welche Funktionen es patentieren lassen möchte. Inwieweit das allerdings im Amazon-Go-Supermarkt in Seattle bereits umgesetzt wird, ist unklar. 

Vereinfacht kann davon ausgegangen werden, dass ein Zusammenspiel unterschiedlicher Technologien nötig sein würde: Nimmt ein Kunde beispielsweise ein Sandwich aus dem Regal, könnten Kameras das Sandwich erkennen. Sie würden außerdem erkennen, welcher Kunde das Sandwich in der Hand hält und registrieren dann den Kunden und das Produkt und übermitteln die Daten an den individuellen Amazon-Account. Der Kunde könnte aber vielleicht die Verpackung mit seiner Hand verdecken, sodass die Kameras das Produkt nicht eindeutig registrieren können. Dann wüsste das System aber, dass der Kunde oft dieses Sandwich kauft, und es weiß, dass Sandwiches genau an dieser Stelle liegen, an der der Kunde sich eines gegriffen hat.“

Klar, dass Amazon viele Nutzerdaten erheben und mit leistungsfähigen Big Data-Analysetools und -algorithmen be- und verarbeiten muss, um das kassenlose Einkaufen zu ermöglichen. Basis dafür sind die jeweils bereits bekannten Shoppingdaten der einzelnen Kunden, ergänzt durch deren Offline-Einkaufsverhalten und die intelligente Verknüpfung und Aktualisierung dieser Daten. Bewegungsprofile erstellen - oder die Frage beantworten: wie gut bist Du heute drauf? All das dürfte möglich werden. 

ZEIT ONLINE zitiert den früheren Datenschutzbeauftragten Peter Schaar, der seine Besorgnis ob dieser potentiellen Bewegungsprofile äussert. Für Europa und Deutschland sieht er jedoch keine rechtliche Möglichkeit, solche Bewegungsprofile von Nutzern zu erstellen; Kunden müssten hierzu vorab einwilligen. 

Der Gigatrend Concenience wird durch Amazon Go aber alle mal befriedigt; auch in der realen Welt. Und näher auf die Pelle rückt Amazon seinen Kunden so allemal. Dazu nochmals ZEIT ONLINE:

„Was Kunden aber offenbar am meisten schätzen sind Service und Bequemlichkeit. Und Amazon befriedigt dieses Bedürfnis mit immer neuen Ideen. Das Konzept der Amazon Go Lebensmittelläden jedenfalls passt zur konsequenten Strategie des Unternehmens, immer näher an seine Kunden heranzurücken, auch in der analogen Welt. 

Längst werden Lieferungen nicht mehr nur mit der Post oder Paketdiensten gebracht. Mit seinen eigenen Lieferdiensten Amazon Prime oder Amazon Prime Now schickt das Unternehmen inzwischen eigene Kuriere direkt zu seinen Kunden und übergibt die Waren persönlich. Sogenannte Pick-up-Stores plant Amazon ebenfalls. Auch sie sollen bald eröffnen. Kunden können hier ihre bestellte Ware direkt selbst abholen, ebenfalls mit angekündigt nur geringer Wartezeit.“

Alles richtig gemacht, Amazon? Schaun’ wir mal, wie es bei uns in Deutschland damit weitergeht.

Kaufhof - Vom Hoffnungsträger zum Sanierungsfall?


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Quellen: Wasser - pixabay.com - Abbildung Public Domain bzw. gemeinfrei nach CC0 1.0 Universell (CC0 1.0)
HBC-Logo / GaleriaKaufhof-Logo - Montage: Michael Borchardt


Düsseldorf, 9.4.2017 - Dieser Tage berichtete die BILD-Zeitung, dass es im Reich des neuen Kaufhof Galeria-Eigentümers, der kanadischen Hudson’s Bay Company (HBC), mächtig knirsche. 

Hudson’s Bay hatte die deutsche Kaufhauskette - mit viel Vorschusslorbeeren bedacht - im Herbst 2015 von der Metro-Gruppe übernommen. Damals setzten Branche wie Mitarbeiter auf eine rosige Zukunft mit generalüberholten Filialen, neuen Marken, stärkerer Konzentration auf den Textilbereich und konsequenter Verzahnung von Off- und Online-Kanälen. Jetzt droht dem kanadischen Handelskonzern das Geld für die angekündigten Sanierungen auszugehen. 

So schrieb er im Ende Januar abgelaufenen Geschäftsjahr 2016/17 einen Verlust von umgerechnet 360 Millionen Euro. Verantwortlich hierfür sowohl die Saks of 5th-Outlet-Stores (gerade sie ein Modell für Deutschland) als auch die Online-Platform Gilt. Die deutschen Kunden konnten sich denn auch im vergangenen Weihnachtsgeschäft über satte Rabatte im Weihnachtsgeschäft freuen. Trotzdem lief bei Kaufhof ein Verlust von 2 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum auf; Karstadt konnte im gleichen Zeitraum Umsatzgewinne verbuchen. 

So liegen der Bild-Zeitung zufolge die von HBC versprochenen Investitionen in rund 100 deutsche Kaufhof-Filialen aktuell auf Eis. Kaufhof-Vorstandschef Olivier Van den Bossche zog für sich denn auch die Konsequenzen und verliess den Konzern in den ersten Apriltagen. Sein Nachfolger soll der ehemalige Toys ‚R‘ Us-Europachef Wolfgang Link werden. 

Das Führungspersonal von HBC, geschäftsführendes Vorstandsmitglied Gerald (Jerry) Storch und der Verwaltungsratschef und Grossaktionär, Richard Baker, werden inzwischen nicht müde zu betonen, dass die geplanten Investitionen in die europäischen Kaufhäuser in Belgien, den Niederlanden und Deutschland umgesetzt werden. Dem gegenüber stehen Kürzungsabsichten, wie sie Ulrike Howe in der Textilwirtschaft am 5. April publizierte: umgerechnet rund 54 Millionen Euro pro Jahr sollen im gesamten HBC-Konzern eingespart sowie Stellen abgebaut werden. Für die Kaufhof-Filialen beträfe dies bereits im laufenden Jahr die Streichung von Aushilfsjobs und befristeten Stellen. Ebenfalls sollen die Lieferanten über erneute Preisverhandlungen wiederum an der Sanierung beteiligt werden. Ausserdem werde über einen günstigeren Haustarifvertrag für die Kaufhof-Angestellten nachgedacht. 

Was geschieht also mit den jährlich 200 Millionen Euro, die - avisiert bei der Übernahme - in die jährliche Erneuerung der Kaufhof-Häuser gesteckt werden sollten?

Kaufhof-Kunden können sich derweil auch im Ostergeschäft über satte Preisaktionen freuen: 20 - 25 Prozent sind, je nach Aktion, an Rabatten drin. Ein kompletter betriebswirtschaftlicher Wahnsinn. Irgendwie erinnert das Gesamtbild an die damalige Übernahme des Karstadt-Konzerns durch Nicolas Berggruen. Auch für die Kanadier scheint der deutsche Einzelhandel ein Buch mit sieben Siegeln zu sein. Zumal ist die Einflussnahme der kanadischen Zentrale und damit das Beschneiden regionaler Handlungsmöglichkeiten jetzt schon offensichtlich. Die Rabatte schaffen die falschen Kaufanreize und verringern die Marge dramatisch; Investitionspläne sind nebulös und folgen anscheinend in erster Linie PR-Regeln.

Doch noch einmal zurück zu Jerry Storch und Richard Baker. Die beiden Herrschaften besuchten dieser Tage die Düsseldorfer Kaufhof-Zentrale und warfen nach Einschätzung von Carsten Diesig, WELT N24-Wirtschaftsressort, in einer Pressekonferenz mit Superlativen nur so um sich. Selbstverständlich werde man „das Warenhaus besser machen“ und auch junge Zielgruppen ansprechen und binden. 400 Millionen Euro sollen in diesem Jahr tun Europa investiert werden, 50 Prozent in die Kaufhof-Filialen, die andere Hälfte in den Aufbau einer Kaufhauskette in den Niederlanden. Damit soll 2017 und 2018 ein jährliches Wachstum in Europa von 20 Prozent erzielt werden. Aus meiner Sicht kompletter Nonsens. 

Selbstverständlich kommen Modernisierungen von in die Jahre gekommenen Häusern wie Aachen, Düsseldorf, Leipzig oder Stuttgart auch beim Publikum gut an - die Frage der Nachhaltigkeit dieser Investitionen bleibt jedoch bestehen. Bislang profitierten davon v.a. die Damenschuhabteilungen und die Haushaltswaren (GPK). 

An weiteren Standorten werden ab Anfang Juni die ersten Saks Off 5th-Outlets öffnen. Motto hier: Mode, Schuhe und Accessoires zu unschlagbaren Preisen. Auch das haben wir so ähnlich schon einmal gehört. Umgesetzt werden soll das Outlet-Konzept in Frankfurt am Main, Heidelberg, Stuttgart und Wiesbaden. 

Handelsexperten sehen das eigentliche Problem der deutschen Kaufhäuser aber nicht nur in einer Überalterung der Kundschaft, sondern auch in einer schwierigen Wettbewerbssituation. Jede einzelne Abteilung eines Kaufhauses müsse mit spezialisierten Wettbewerbern konkurrieren - und dabei noch Gewinne schreiben. Ziemlich schwierig, wenn das Online-Prinzip der kompletten Verfügbarkeit (fast) sämtlicher Marken auf das reale Kaufhausleben übertragen werden soll. 

Pessimistisch zeigt sich hier auch BBE-Geschäftsführer Joachim Stumpf. Er prophezeit eine breite Bereinigung im deutschen Kaufhaus-Filialbereich. Dabei wird immer wieder die Idee einer gemeinsamen „Deutsche Kaufhaus AG“ ins Spiel gebracht, sprich: eine Fusion von Kaufhof und Karstadt. Auch das ein Dauerbrenner.

Markentreue - Neue Studie ist auf der Suche nach Stammkunden


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Quelle: pixabay.com - Abbildung Public Domain bzw. gemeinfrei nach CC0 1.0 Universell (CC0 1.0)


Frankfurt am Main, 6.4.2017 - Markentreue - nicht nur für Hersteller ein heisses Thema; auch die Händlermarke sichert Reputation, Kundenfrequenz, -treue, Loyalität und Umsatz. Oder ist doch alles ganz anders? 

Vor ein paar Tagen berichtete die Frankfurter Digitalagentur Wunderman mal wieder über das Thema - und stellte die Ergebnisse einer kleinen Studie zur Markentreue vor.

Aufs Privatleben übertragen liesse sich vom Kundenwunsch nach einer offenen Beziehung sprechen: „Sei Du nur absolut vertrauenswürdig und verbindlich - ich nehme mir dann schon meine Freiräume.“ Oder: ich möchte als Kunde bei jedem „Nachhausekommen“ wieder loyal und mit offenen Armen empfangen werden. Ziemlich anspruchsvoll, unser Kunde - und konfliktscheu dazu. Schnell sind der Einkaufskanal, Händler oder die Marke gewechselt, bis - ja bis zum nächsten Mal.

Immerhin bleiben Statista in Wiesbaden zufolge 56% der Deutschen einer Marke treu, wenn sie mit ihr zufrieden sind.

Aber der Reihe nach. Annette Mattgey von LEAD digital stellt die Methode von Wunderman kurz vor:

„Das Forschungsprojekt (von Wunderman, MB) versucht zu ergründen, wie Marken die Beziehung zu ihren Kunden festigen und ihre Loyalität steigern können. Am Anfang stand eine Trendanalyse, um die relevanten Kultur-Insights abzuleiten. In Schritt zwei folgte eine qualitative Exploration als Gruppendiskussion mit der Kernzielgruppe (Marken- und Digital- bzw. Smartphone-affine, 50 Prozent Männer/ Frauen, 27-37 Jahre, höheres HNE (Haushaltsnettoeinkommen, MB) ab 2.500 Euro, berufstätig, Teilnahme an mindestens einem Treueprogramm).  Eine Online-Befragung der Kernzielgruppe rundete das Projekt ab.“

Die Ergebnisse der Wunderman-Studie sind durchaus spannend:

1. „Das Markenerlebnis darf kein Zufallsprodukt sein“

Jeder Kontakt des Kunden mit einer Marke muss als Markenerlebnis geplant werden. Der Kunde sucht und wünscht sich eine „Customer Experience, die von Wertschätzung und unaufdringlicher Fürsorge geprägt ist. Alles soll jederzeit perfekt, mühe- und reibungslos funktionieren. Jeder offensichtliche Versuch den Konsumenten fremd zu bestimmen, stößt auf Abwehr. Für Marken gilt es den Grat zwischen ‚sich wertgeschätzt fühlen‘ und ‚genervt sein‘ individuell auszuloten.“ Jeder „Touchpoint“ kann also positiv auf die Markenwertschätzung einzahlen oder das genaue Gegenteil bewirken.

2. Markenerlebnis wird durch Treueprogramme bereichert

Besonders aktive Konsumenten (Prosumer) möchten mit ihrer Lieblingsmarke interagieren und diese mitgestalten, von dieser inspiriert werden und auch von Entscheidungszwängen entlastet werden (Convenience) - hier kommen sehr subtile individualpsychologische Momente ins Spiel, die bis zur dezenten Fixierung reichen können. Bietet eine Marke so beispielsweise Treueprogramme an, werden diese sehr gerne von Kunden genutzt - von Prosumern wie passiven Verbrauchern.

3. Treuekiller „Schlechter Service“

„Enttäuscht der Service in kritischen Momenten, wird die Marke mit Untreue und negativer Mundpropaganda bestraft. Anders herum ist guter Service ein Beziehungsbooster. Die Mehrheit der Studienteilnehmer (58 Prozent) sagt, dass Marken, von denen sie überzeugt sind, mehr bieten als nur gute Produkte, beispielsweise auch besseren Service. Fast genauso viel (57 Prozent) würden für das Drumherum wie Service, Erreichbarkeit und Beratung sogar mehr zahlen. Marken müssen also sicherstellen, dass die Customer Experience an jedem Kontaktpunkt exzellent ist. Das ist die Grundvoraussetzung für die Loyalität und Treue der Konsumenten.“

4. Verbindung durch gemeinsame Werte

Jeder Kontaktpunkt sollte einen emotionalen und/oder funktionalen Markennutzen vermitteln - je klarer und inspirierender, desto eher bilden sich Treue und Loyalität bei den Kunden aus. Beide Begriffe sind den Studienautoren zufolge fein auseinanderzuhalten: während Treue „lediglich“ aufgrund nicht enttäuschter Erwartungen beim Kunden entsteht, basiere Loyalität auf gemeinsam geteilten Werten, die sich leben lassen und in der Marke Bestätigung finden - kurz: passiver versus aktiver Prozess. Marken sind deshalb auf eine aktive Ausformung und Kommunikation von Werten angewiesen - auf Authentizität. Damit differenzieren sich gleichzeitig die Kundensegmente heraus, die von einer Marke angesprochen werden (sollen).

5. Beziehung zur Marke - verlässlich, aber jeden Tag aufregend neu - ein Muss

Sie sehen, die starke Marke hat’s nicht leicht. Klar, je enger sich eine Marke in das Alltagsleben der Kunden einpasst, desto intensiver kann die Beziehung zwischen beiden werden. Customer Experience spielt den Autoren der Wunderman-Studie auch hierbei eine zentrale Rolle. Doch wie eine gute Beziehung braucht es auch hier kontinuierlich neue Ideen, Impulse und Abwechslung. Big Data und digitale Lösungen als Teil der Lösung: „Dabei kommt es auf die intelligente Verknüpfung von Kundendaten, Automatisierungslösungen und digitalen Touchpoints an, die über rein werbliche Ansätze hinausgehen.“

Pointiert lassen sich die Ansprüche der Kunden an „ihre“ Marken(n) als fragile und gleichzeitig sehr belastbare Verbindung charakterisieren. Fragil, wenn sich die Marke und deren Kommunikation dem Kunden allzu sehr aufdrängt, in seine Rückzugsbereiche vorstösst oder ihn aktiv zu binden versucht. Belastbar, wenn eine Marke bei der sehr vielgestaltigen Customer Journey eines Kunden dessen Präferenzen nicht nur genau kennt, sondern auch deren Veränderungen im Zeitverlauf oder in verschiedenen sozialen Kontexten berücksichtigen kann. Ohne Big Data und verlässliche Auswertungstools nicht zu leisten. Der Verbraucher stellt die Spielregeln und Bedingungen für die Markenbeziehung auf - so auch Andreas Wagner, Head of Strategic Planning bei Wunderman Deutschland und Projektleiter der Markenstudie.

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