Mastodon Mastodon Der nächste bitte: Wie die DIY-Branche den Sprung ins Netz verpennt | Rückenwind für Ihr Geschäft | RetailConsult.de - Michael Borchardt, Frankfurt am Main

Der nächste bitte: Wie die DIY-Branche den Sprung ins Netz verpennt

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Quelle: pixabay.com - Abbildung Public Domain bzw. gemeinfrei nach CC0 1.0 Universell (CC0 1.0)


Frankfurt am Main, 13.1.2019 - Kommt es Branchenbeobachtern nur so vor oder sind die Parkplätze vor den heimischen Baumärkten wirklich nicht mehr so stark frequentiert wie einst?

Das Fachmagazin „baumarktmanager“ nimmt die Problematik in seiner Online-Ausgabe vom 27.1.2018 genauer unter die Lupe. Demnach täuscht der subjektive Eindruck nicht. Der Kollege schreibt die stagnierenden Umsätze primär der mangelhaften Logistik der Baumärkte zu:

„Gleich ob Heimwerkerartikel zuverlässig im Markt verfügbar sein ­sollen oder dem Kunden bequem frei Haus geliefert werden: ­Ohne leistungsfähige, fein aufeinander abgestimmte Lieferprozesse ist zeitgemäßer Service im stationären Handel kaum denkbar, erst recht nicht im florierenden Onlinegeschäft.

Die Problemlage im etablierten Baumarkthandel ist bekannt: Einerseits stagnieren die Umsätze in den Märkten, auf der anderen Seite kann die Branche noch zu wenig vom Onlineboom profitieren. Insgesamt stiegen im vorigen Jahr die E-Commerce-Umsätze im DIY-Handel um 14,9 Prozent auf 3,2 Milliarden Euro. Gut die Hälfte des Kuchens sicherten sich aber nicht die etablierten Baumarktketten, sondern reine Online-Händler. Der Anteil der Bau- und Heimwerkermärkte lag gerade einmal bei 18,7 Prozent.“

Und - fast schon überflüssig zu erwähnen - auch in diesem Handelssegment haben sich unsere amerikanischen Freunde aus Seattle längst schon ein grosses Stück vom Kuchen abgeschnitten. Amazon hält nach einer im „baumarktmanager“ zitierten aktuellen Studie des Kölner Handelsforschungsinstituts IFH bereits heute 39 Prozent am Onlineumsatz mit Heimwerker- und Gartenartikeln. Da könnte der Zug für die etablierten deutschen Baumarktunternehmen fast schon abgefahren sein.

Dazu kommt das auch bei anderen Produktgruppen beobachtete Phänomen, dass Amazon häufig als Produktsuchmaschine eine Gatekeeper-Funktion einnimmt: 

„Und bei weiteren 38 Prozent der Käufe beginne zumindest die Produktsuche bei Amazon. ‚Auch wer eigentlich im Baumarkt kaufen will, recherchiert oft erst einmal online – und kauft vielleicht auch anschließend bei Amazon, obwohl der Onlinegigant nicht immer der günstigste Anbieter ist‘, beobachtet Dr. Eva Stüber, Autorin der Studie.“

Und wenn die Kunden schon einmal auf der Amazon-Website sind, ist der bekannte 1-Klick zum Kaufabschluss ja auch kein Problem mehr. Dadurch sieht Eva Stüber die klassischen Händler zunehmend vom Kundenkontakt abgeschnitten - „(e)tablierte Geschäftsmodelle sind durch die Amazonisierung oft nicht mehr zukunftsfähig“, so die Autorin der IFH-Studie.

Zieht man zudem den gesellschaftlichen Gigatrend „Convenience“ mit ins Kalkül, wird dieses Problem für die etablierten stationären Baumärkte künftig noch zunehmen. Grossen Nachholbedarf bei den Multi- oder gar Omnichannel-Angeboten der bekannten Anbieter an den städtischen Ausfallstrassen sehen auch die Verantwortlichen in den Geschäftsleitungen:  

„ ‚Beträchtliche Investitionen in die Verknüpfung von stationären Märkten und Onlinehandel sind nach unserer Überzeugung keine Option, sondern eine Notwendigkeit, um gestiegene Ansprüche der Verbraucher im digitalen Zeitalter erfüllen zu können‘, mahnt etwa Albrecht Hornbach, Konzernchef des gleichnamigen Baumarktbetreibers.“

Dabei addieren sich zu den klassisch-betriebswirtschaftlichen Versäumnissen und unvollständiger Analyse der Kundenwünsche auch handfeste Probleme ganz anderer Art: während sich der Fachkräftemangel in anderen Branchen häufig auch auf äusserst bescheidene Gehälter zurückführen lässt, fehlen nach Angaben der Nürnberger Arbeitsagentur aktuell rund 45.000 LKW-Fahrer in Deutschland (ungefähr die gleiche Zahl geht alljährlich in den Ruhestand). 

Klar, die Arbeitsbedingungen sind hart, die Tage und Nächte auf der Strasse, in engen Innenstädten und auf Autobahnrastplätzen sind lang und ein Familienleben im klassischen Sinne schaut ebenfalls anders aus. 

„Weil aber nur rund 16.000 Nachwuchskräfte pro Jahr ihre Ausbildung abschließen, wächst die Bedarfslücke ständig weiter, der verfügbare Frachtraum ist bereits knapp“, so der „baumarktmanager“ weiter.

Ausländische Fahrer und Transporteure füllen diese Lücken bislang aus; so entfallen auf diese bereits „43 Prozent des mautpflichtigen Lkw-Verkehrs in Deutschland.“

„Heimische Speditionen, Gewerkschaften, aber auch westliche EU-Länder wehren sich gegen diese Entwicklung, wogegen führende Wirtschafts- und Industrieverbände bereits die Leistungsfähigkeit der deutschen Just-in-Time-Produktion gefährdet sehen. So weist der Hauptgeschäftsführer des Logistikverbands DSLV, Frank Huster, auf die international hochgradig arbeitsteilige Logistikwirtschaft hin: ‚Ohne den zusätzlichen Einsatz vor allem osteuropäischer Lkw-Flotten würde die Güternachfrage westeuropäischer Staaten nicht mehr befriedigt werden können.‘ „

Aber zurück zu den internen Problemen der Baumärkte - bis herunter auf die Ebene der Artikelstammdaten. Hier stellt schon die blosse Zahl von mehr als 100.000 verfügbaren Artikeln eine echte logistische Herausforderung für die Warenwirtschaften dar; häufig sind es die grossen Lieferpartner, die mit ihren auf den jeweiligen Kunden angepassten Produktdaten die grössten Probleme in deren Logistik und ERP-System eindämmen.

„Während es früher vielleicht ausreichend war, die Ware sicher vom Hersteller via Zentrallager zum jeweiligen Verkaufspunkt in die Filialen zu navigieren, liegt in Zeiten von Cross Selling die Messlatte der Anforderungen noch höher. Die Daten, die jedes Produkt begleiten, sollten auch Auskunft geben über sein Handling im Versand: Wo ist die Ware abrufbar, welche Speditionsart ist die rationellste, ist Expresslieferung möglich?“

Ein effizientes Supply-Chain-Management vom Lieferanten bis zum Endverbraucher sieht also anders aus - Faxbestellungen und andere Medienbrüche sind demzufolge immer noch an der Tagesordnung - eine teure und aufwendige Prozedur, die sich effizienten Abläufen, wie sie z.B. die grossen Lebensmittelketten längst beherrschen, frontal entgegenstellt und Modernisierungsbemühungen untergräbt.

Auch scheinen sich die Baumarktketten weder in ihrer Rolle als Wettbewerber untereinander noch in ihrem Verhältnis zu ihren Lieferanten und Logistikunternehmen grün zu sein.

Und hier kommt wieder unser E-Commerce-Leader Amazon ins Spiel: allein im DIY-Bereich sind dort circa 1 Million Artikel gelistet - für Prime-Kunden häufig am gleichen oder darauffolgenden Tag verfügbar - kein zusätzlicher Kommentar erforderlich.

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